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von Dr. med. Konstantin Wagner

28.10.2020

Endometriose Facts // Teil 2 - Symptome

Im ers­ten Teil ha­ben wir die En­do­me­trio­se grob ken­nen­ge­lernt.

En­do­me­trio­se­her­de kön­nen im Prin­zip über­all vor­kom­men. In der Va­gi­nal­schleim­haut, in der Ge­bär­mut­ter­wand, an der Harn­bla­se, am Darm, am Hal­teap­pa­rat der Ge­bär­mut­ter und selbst Lun­ge und Hirn kön­nen theo­re­tisch be­trof­fen sein. Häu­fig kom­men die Her­de aber in der Um­ge­bung der Ge­bär­mut­ter vor, denn dort schei­nen sie ih­ren Ur­sprung zu ha­ben.

Die­se Her­de kön­nen steck­na­del­kopf­groß oder mit dem blo­ßen Auge kaum sicht­bar sein, sie kön­nen aber auch meh­re­re Zen­ti­me­ter groß (En­do­me­trio­se­zys­ten er­rei­chen auch die Grö­ße ei­nes Ten­nis­balls) sein.

Die­se sehr gro­ßen Her­de kön­nen auch über­haupt kei­ne Be­schwer­den ma­chen und ein rei­ner Zu­falls­be­fund sein. "Ups, sie ha­ben En­do­me­trio­se". Die kleins­ten und kaum sicht­ba­ren Her­de hin­ge­gen kön­nen Be­trof­fe­ne manch­mal vie­le Tage im Mo­nat vor Schmer­zen in die Knie zwin­gen. Eine op­tisch aus­ge­dehn­te En­do­me­trio­se muss also nicht gleich sym­pto­ma­tisch sein und an­ders­her­um: klein heißt nicht gleich "gar nicht so schlimm."

Schmer­zen als das lehr­buch­mä­ßi­ge Leit­sym­ptom kom­men zwar häu­fig vor, müs­sen aber nicht zwin­gend bei En­do­me­trio­se vor­kom­men. Ein wah­res Cha­mä­le­on!

Schmer­zen

Sind häu­fig und oft ab­hän­gig von der Lo­ka­li­sa­ti­on der En­do­me­trio­se­her­de.

Un­ter­bauch­schmer­zen:

Ty­pisch, je­doch nicht im­mer, ist ein prä­men­stru­el­ler (vor der Pe­ri­ode) Schmerz im Un­ter­bauch, der etwa 2 Tage vor der Mens­trua­ti­on ein­setzt und häu­fig wäh­rend der Mens­trua­ti­on be­reits rück­läu­fig ist.

Aber: ins­be­son­de­re bei aus­ge­dehn­ter En­do­me­trio­se zeigt sich das Schmerz- und Be­schwer­de­bild mens­trua­ti­ons­un­ab­hän­gig un­ter­schied­lich aus­ge­prägt.

Je nach Lo­ka­li­sa­ti­on der En­do­me­trio­se kön­nen an­de­re Sym­pto­me auf­tre­ten:

Dys­pa­reu­nie:

Schmer­zen beim Sex. Sit­zen die Her­de um, an oder in der Va­gi­nal­schleim­haut kann die schöns­te Ne­ben­sa­che der Welt schnell zur ab­so­lu­ten Ne­ben­sa­che wer­den, denn an Spaß ist bei die­sen Schmer­zen kaum zu den­ken.

Dys­urie:

Schmer­zen beim Was­ser­las­sen. Oft zy­klisch, also zy­klus­ab­hän­gi­ge Schmer­zen, beim Was­ser­las­sen kön­nen ein Hin­wei­se sein, dass En­do­me­trio­se­her­de an der Harn­bla­se sit­zen.

Dys­che­zie:

Schmer­zen beim Stuhl­gang. Auch hier gilt: tre­ten die­se Schmer­zen mit Sys­tem, also zy­klisch ge­häuft aus, soll­te man an auch an die En­do­me­trio­se den­ken. Aber auch azy­kli­sche Schmer­zen kön­nen durch die­se Er­kran­kung ver­ur­sacht wer­den.

Bei Be­fall von Bla­se und Darm kann es ins­be­son­de­re pe­ri­men­stru­ell (wäh­ren der Pe­ri­ode) zu blu­ti­gem Urin und Stuhl­gang, zu Druck­ge­fühl, Blä­hun­gen, Krämp­fen, Durch­fäl­len und Ver­to­p­fun­gen kom­men. Ex­trem sel­te­ne Be­schwer­de­bil­der sind vom er­krank­ten Or­gan ab­hän­gig und äu­ßern sich z. B. durch chro­ni­schem Hus­ten (bei Lun­gen­be­fall) oder Ner­ven­schmer­zen.

Ste­ri­li­tät. Un­er­füll­ter Kin­der­wunsch

Ne­ben der Schmerz­sym­pto­ma­tik steht die Ste­ri­li­täts­pro­ble­ma­tik bei Frau­en mit En­do­me­trio­se im Vor­der­grund. Bei 30–50 % der Frau­en mit Ste­ri­li­täts­pro­ble­men konn­te eine En­do­me­trio­se nach­ge­wie­sen wer­den. Als Ur­sa­che hier­für kom­men Ver­kle­bun­gen und Ver­nar­bun­gen mit Be­ein­träch­ti­gung der Ei­lei­ter in Be­tracht. Wei­te­re Fak­to­ren schei­nen je­doch an der Ste­ri­li­täts­pro­ble­ma­tik von En­do­me­trio­se­pa­ti­en­tin­nen be­tei­ligt zu sein, da auch Frau­en mit un­auf­fäl­li­gen Ei­lei­tern be­trof­fen sind so­wie Schwan­ger­schafts­ra­ten bei künst­li­cher Be­fruch­tung schlech­ter sind. Im Rah­men von ak­tu­el­len wis­sen­schaft­li­chen Un­ter­su­chun­gen wer­den hier der­zeit un­ter an­de­rem Au­to­im­mun­me­cha­nis­men, ver­min­der­te Eis­zell­qua­li­tät, ge­ne­ti­sche Ver­än­de­run­gen so­wie ein ver­än­der­te Ge­bär­mut­ter­schleim­haut mit ei­ner ge­hemm­ten re­gu­lä­ren Ein­nis­tung dis­ku­tiert. Habe euch die Stu­di­en un­ten ver­linkt.

Le­bens­qua­li­tät.

Das Krank­heits­bild der En­do­me­trio­se schränkt die Le­bens­qua­li­tät zum Teil deut­lich ein. Stell dir vor du hät­test chro­ni­sche Schmer­zen ge­gen die kein Kraut ge­wach­sen ist, zu­sätz­lich un­er­füll­ten Kin­der­wunsch und we­gen ei­ner Er­kran­kung stän­di­ge Ope­ra­tio­nen und me­di­ka­men­tö­sen Be­hand­lun­gen (Dazu im nächs­ten Ar­ti­kel mehr.)

Das men­ta­le und psy­chi­sche Lei­den ist für Be­trof­fe­nen oft ein­schrän­ken­der als die stän­di­gen Schmer­zen. Man darf auch nicht ver­ges­sen, dass oft jun­ge Frau­en be­trof­fen sind. Die men­ta­le Stär­ke, das Selbst­wert­ge­fühl, ganz all­ge­mein die Re­si­li­enz ist mit jun­gen Jah­ren nicht so ge­fes­tigt, wie in hö­he­rem Le­bens­al­ter. Zu den psy­chi­schen Aus­wir­kun­gen wird es eben­falls noch ei­nen ge­son­der­ten Bei­trag ge­ben.



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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.