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von Dr. med. Konstantin Wagner

23.10.2020

Endometriose Facts // Teil 1 - Basics

Un­ge­fähr jede zehn­te Frau fast je­den Al­ters ist von En­do­me­trio­se be­trof­fen.

Das ist viel! Vom Auf­tre­ten der ers­ten Sym­pto­me bis zur Dia­gno­se­stel­lung ver­ge­hen im Durch­schnitt sechs Jah­re! (bei Pa­ti­en­tin­nen mit un­er­füll­tem Kin­der­wunsch sind es etwa drei Jah­re, bei Schmerz­pa­ti­en­tin­nen bis zu 10 Jah­ren).

Sie ist da­mit die häu­figs­te (gut­ar­ti­ge) gy­nä­ko­lo­gi­sche Er­kran­kung. Schät­zun­gen ge­hen da­von aus, dass der An­teil bei Frau­en mit Ste­ri­li­täts­pro­ble­men bis zu 50 % be­trägt.

Die En­do­me­trio­se wur­de erst­mals im spä­ten 17. Jahr­hun­dert be­schrie­ben. Seit­her wird die­se Er­kran­kung bis heu­te auf­grund des ge­rin­gen wis­sen­schaft­li­chen und kli­ni­schen In­ter­es­ses häu­fig als „For­got­ten Di­sea­se“ be­zeich­net.

Man merkt schnell, dass die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit nicht stimmt. Es kann nicht sein, dass eine Er­kran­kung die häu­fig vor­kommt und bei den meis­ten Be­trof­fe­nen stark le­bens­ein­schrän­kend ist, spät bis gar nicht dia­gnos­ti­ziert wird und das wis­sen­schaft­li­che In­ter­es­se fehlt. War­um das so ist be­spre­chen wir in ei­nem der fol­gen­den Ar­ti­kel zur En­do­me­trio­se.

De­fi­ni­ti­on - was ist ei­gent­lich die­se En­do­me­trio­se.

En­do­me­trio­se ist de­fi­niert als das Auf­tre­ten von en­do­me­tria­len Zell­ver­bän­den (der Schleim­haut der Ge­bär­mut­ter ähn­li­che Zel­len) au­ßer­halb der Ge­bär­mut­ter­höh­le.

Die­se Zel­len kön­nen sich prin­zi­pi­ell im ge­sam­ten Or­ga­nis­mus ver­tei­len und an­sie­deln. Sie re­agie­ren auf­grund ih­rer Ähn­lich­keit zur Ge­bär­mut­ter­schleim­haut ge­nau­so auf hor­mo­nel­le Rei­ze wie dei­ne Schleim­haut in der Ge­bär­mut­ter. Sie bau­en sich hor­mon­be­dingt auf und ab. Sie kön­nen so­gar ab­blu­ten. Da­her sind ihre Sym­pto­me auch meist zy­klus­ab­hän­gig, oder eher: hor­mon­ab­hän­gig.

Wel­che Sym­pto­me gibt es.

Hier gibt es ei­nen aus­führ­li­chen Ar­ti­kel zu.

Die Sym­pto­me sind zum ei­nen sehr um­fang­reich und zum an­de­ren oft sehr un­spe­zi­fisch.

Leit­sym­pto­me sind un­ter an­de­ren ab­do­mi­nel­le Schmer­zen (Un­ter­bauch­schmer­zen), wel­che zy­klus­ab­hän­gig und -un­ab­hän­gig sein kön­nen und Dys­me­nor­rhö (schmerz­haf­te Re­gel­blu­tung). Es gibt aber vie­le an­de­re Sym­pto­me, die meist nicht in den Zu­sam­men­hang mit En­do­me­trio­se ge­bracht wer­den und da­her bei den Gy­nä­ko­lo­gIn­nen nicht an­ge­spro­chen wer­den.

Es ist ein biss­chen als wür­de man je­man­dem ein Ze­bra be­schrei­ben mit den Wor­ten: "hat Bei­ne und Oh­ren."

Kein Mensch denkt da­bei an ein Ze­bra. Es feh­len ein­fach mehr und ge­naue­re In­for­ma­tio­nen.

Okay. "Es hat Hu­fen, eine Mäh­ne und vier Bei­ne".

Aha, jetzt ent­steht ein Bild. Nun kom­men wir aber auch an ei­nen ent­schei­den­den Punkt, denn die meis­ten von uns den­ken jetzt an ein Pferd. Und das kann man ih­nen auch nicht zum Vor­wurf ma­chen. So geht es näm­lich auch vie­len Be­trof­fe­nen und Ärz­tIn­nen. Bei den Wor­ten "Schmer­zen wäh­rend des Ei­sprungs oder wäh­rend der Pe­ri­ode" darf der In­for­ma­ti­ons­fluss nicht auf­hö­ren, weil man sonst an "nor­ma­le Mens­trua­ti­ons­be­schwer­den" (das Pferd in un­se­rer Ge­schich­te) denkt. Man muss also ge­ra­de jetzt wei­ter of­fen blei­ben für In­for­ma­tio­nen ob­wohl wir be­reits an die Lö­sung den­ken. Wir Ärz­te soll­te jetzt also nicht auf­hö­ren nach­zu­fra­gen, sen­si­bel blei­ben und noch eine wei­te­re Mi­nu­te in­ves­tie­ren, um et­wai­ge De­tails zu sam­meln, um das Pferd zu ver­ges­sen und auf das Ze­bra zu kom­men. Für Be­trof­fe­ne gilt ein ähn­li­ches Prin­zip. Wo­her soll man selbst wis­sen, wel­cher Zu­stand ei­nen Krank­heits­wert hat und wel­cher un­ter phy­sio­lo­gi­sche Re­gel­be­schwer­den fällt? Man kennt ja nur sich und sei­ne Emp­fin­dun­gen. Aber dazu spä­ter mehr.

Die Ur­sa­che.

Die Ur­sa­che der En­do­me­trio­se ist nicht be­kannt. Punkt.

Es gibt man­nig­fal­ti­ge The­sen und Theo­ri­en, die ich euch in ei­nem spä­te­ren Ar­ti­kel zu­sam­men­fas­se. Nur, dass man es ge­hört hat. Es gibt:

  • die Transplantationstheorie (Sampson-Hypothese)
  • „Tissue Injury and Repair“-Theorie
  • Metaplasietheorie
  • Metastasenähnliche Streuung
  • Genetische Ursachen

Vom Ver­dacht über eine Dia­gno­se zur The­ra­pie

Das ist das Kern­the­ma schlecht­hin. Wenn man als Be­trof­fe­ne und/ oder Gy­nä­ko­lo­gIn den Ver­dacht hegt, hat man schon viel ge­won­nen, denn das The­ma En­do­me­trio­se ist auf dem Tisch! Es wird dar­über nach­ge­dacht. Die Dia­gno­se „En­do­me­trio­se“ stel­len ist schlicht schwer. An die­sen Punkt zu kom­men ist ent­we­der schwam­mig, vage und lan­ge ein Ver­dacht, oder es ist sehr auf­wen­dig und - im wahrs­ten Sin­ne - ein­schnei­dend in das Le­ben der Be­trof­fe­nen. Die The­ra­pie ist eine rei­ne Scha­dens­be­gren­zung, denn wir ha­ben ja be­reits ge­lernt: die Ur­sa­che ist un­be­kannt. Also kann selbst die heu­ti­ge Me­di­zin nur "hin­ter­her­lau­fen", aber die Ur­sa­che nicht be­he­ben. Noch nicht.

Der wei­te Weg vom Ver­dacht zur Dia­gno­se und die Schwie­rig­kei­ten der The­ra­pie er­fahrt ihr auch in den je­wei­li­ge Ar­ti­keln zu dem The­ma.

Ei­nen gu­ten Über­blick be­kommt ihr in mei­nem You­tube Vi­deo zum The­ma En­do­me­trio­se und vor al­lem spre­che ich im Vi­deo "Klar­text zum The­ma En­do­me­trio­se" über die Schwie­rig­kei­ten von Ärz­ten und Pa­ti­en­tin­nen.

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Dr. med. Konstantin Wagner

Hallo, ich heiße Konstantin und bin Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin. Nach meinem Medizinstudium in München habe ich von 2015 bis 2020 in einer maximalversorgenden Klinik in Kassel gearbeitet. Dort hatte ich es mit unzähligen spannenden Fällen zu tun, betreute hunderte Geburten und sammelte einen großen medizinischen Erfahrungsschatz. Seit 2020 widme ich mich der niedergelassenen Tätigkeit in meiner eigenen gynäkologischen Praxis in Kassel.

Im Kon­takt mit mei­nen Pa­ti­en­tin­nen wur­de mir be­wusst, wie schwer es me­di­zi­ni­schen Lai­en oft fällt, ech­te Fach­in­for­ma­tio­nen von My­then und In­ter­net-Pa­nik­ma­che zu un­ter­schei­den. Ich habe es mir da­her zur Auf­ga­be ge­macht, fun­dier­tes Wis­sen zu mei­nen Fach­ge­bie­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len – in ver­schie­dens­ten For­ma­ten so­wie auf nach­voll­zieh­ba­re und kurz­wei­li­ge Wei­se.

​Ich lebe mit mei­ner Frau und mei­nen zwei Töch­tern in Nord­hes­sen.